Ordentlich protestieren

Auf die Gefahr hin, dass ich mich jetzt bei dem ein oder anderen etwas unbeliebt mache… ich schreib’s trotzdem.

Man kann ja von den Studentenprotesten halten, was man will. Man kann meiner Ansicht auch von Studiengebühren halten, was man will. Ich sehe zum Beispiel generell kein Problem darin, Gebühren einzuführen, finde aber, dass es an der Durchführung doch gewaltig hakt.

Dann sag ich auch immer, dass es ja schon stimmt, dass es in Amerika ja noch viel schlimmer ist, aber da gibt es auch halbwegs ordentlich organisierte Studienkredite, eine langjährige Stipendiumskultur und ich vermute mal, dass da die Chancen, nach dem Studium ziemlich schnell einen Job zu bekommen, deutlich größer sind als hier. Kann man also nicht wirklich vergleichen.

Was mich aber ein bisschen irritiert ist die Art und Weise, wie die Studenten hier mit dem ganzen Thema umgehen. Erstmal machten sie mehr oder weniger gar nichts, und jammerten nur auf eher mittelmäßigem Niveau ein wenig rum. Dazu kamen dann ein paar Aktionen, die ich eher kindisch fand – also die, die ich gesehen habe. Das hatte eher was von Rumgetrotze als von ernsthaftem Auseinandersetzen.

Als es schließlich im Prinzip schon beschlossene Sache war, wurden ein paar Rektorenbüros besetzt und nach ein paar Tagen recht freiwillig nach Polizeiaufforderung wieder verlassen. Auch schön, wobei mir die Sinnhaftigkeit dieser Aktionen ein wenig abgeht, aber das kann ja auch an mir liegen.

Jetzt auf einmal gehen aber alle auf die Barrikaden und zünden in Wiesbaden ebensolche auch noch an. Nun muss ich hier als Steuerzahler mal deutlich sagen, dass ich irgendwie nicht sehe, warum ich Leuten das Studium mitfinanzieren sollte, die es in Ordnung finden, Sperrmüll in Brand zu setzen. Das finde ich nämlich nicht in Ordnung und mir fällt auch spontan kein Grund ein, der eine solche Handlung rechtfertigt. Jedenfalls nicht im Rahmen von Anti-Studiengebühren-Protesten.

Auch sonst bin ich ein wenig enttäuscht von den deutschen Studenten. Da ich mal prinzipiell davon ausgehe, dass ein Studium eine gewisse Intelligenz voraussetzt, frage ich mich, warum die ganze Energie, die fürs Protestieren und Traurige-Zukunft-Ausmalen ver(sch)wendet wurde, nicht mal etwas konstruktiver dafür eingesetzt wurde, um mit Universitäten, Politik und Wirtschaft zusammen brauchbare Konzepte für eine zukünftige Studienfinanzierung zu entwickeln. Hat denn irgendwer ernsthaft daran geglaubt, dass die Studiengebühren doch nicht kommen? Oder ist das wieder typisch wir, erst rumprotestieren und sich dann letztlich doch dem Schicksal ergeben?

Vielleicht gab es ja von der ein oder anderen Seite Bestrebungen, sich bei der Diskussion einzubringen und an einer für alle Seiten akzeptablen Lösung zu arbeiten. Allerdings hab ich davon nichts mitbekommen. Ich kann leider erst mal nur von dem ausgehen, was ich in den Nachrichten gelesen oder gehört habe. Und da wurde eben nur ein bisschen protestiert und dann ein bisschen was in Brand gesetzt. Und genau bei letzterem hört für mich der Spaß auch auf. Protestieren ist jedermann’s gutes Recht und sollte auch genutzt werden. Sperrmüll entzünden ist aber was anderes und zeugt meiner Ansicht nach auch nicht von besonderer Intelligenz.

4 machen mit. to “Ordentlich protestieren”

  1. Christoph Says:

    Wie recht Du hast! Mit einem vernünftigen System aus Studiengebühren, Stipendien und Krediten gäb es auch nicht so viele taxifahrende Sozialpadagogen …

    Ein ähnlicher Anlaß war Grund für einen Beitrag auf meinem Blog (

  2. Bina Says:

    Die meisten Aktionen, die ich so in den letzten Jahren gesehen habe, waren einfach nur peinlich und lächerlich. Und vor allem von Studenten, denen ihr Studium offensichtlich eh egal ist.
    Bei mir besteht zum Beispiel bei so ziemlich allen Veranstaltungen Anwesenheitspflicht. Das bedeutet, dass nach zweimaligem Fehlen der Kurs gelaufen ist. Und wenn ich dann sehe, dass Leute wochenlang vor der UB campen oder aber ganz tolle „Alternativ-Vorlesungen“ in einem besetzten Gebäude anbieten – dann ist ja wohl klar, dass die ihr Semester mal eben geschmissen haben. Und dann sollen sie auch zahlen.
    Mal abgesehen davon, dass ich Studiengebühren sehr zwiespältig gegenüber stehe. Für das Geld müssten die Unis nämlich erstmal eine Gegenleistung erbringen, und das sehe ich noch nicht. Wenn bei uns die Online-Anmeldungen für das neue Semester starten, sind regelmäßig innerhalb von Sekunden alle Kurse voll – und hunderte stehen da und können sich die Kugel geben, nur weil ihr Rechner vielleicht eine Zehntelsekunde zu langsam war. Und das bei Pflichtveranstaltungen.
    Sollte sich das ändern – gerne! Dann plädiere ich aber auch dafür, dass Leute, die nicht Bafög-berechtigt sind, nicht länger schlechter gestellt werden. Ich habe nämlich wesentlich weniger Geld zur Verfügung als jeder Bafög-Empfänger, muss aber trotzdem GEZ zahlen, bekomme kein Wohngeld usw. Was den armen Bafög-Empfängern völlig selbstverständlich erlassen wird.
    Und die Finanzierung ist auch so eine Sache, die erstmal zu gewährleisten wäre.
    Ein viel zu komplexes Thema…

  3. Sebastian Says:

    70.000.000 Euro
    Von Udo Corts erwartete Einnahmen pro Semester durch die Campus-Maut in Hessen (Quelle: http://www.welt.de/data/2006/05/06/883039.html)

    600.000.000 Euro
    Budget des Landes Hessen pro Semester für seine fünf Universitäten, fünf Fachhochschulen und zwei Kunsthochschulen (gleiche Quelle)

    1.700.000.000 Euro
    Gewinn nach Steuern der Deutschen Bank im ersten Quartal 2006 (Quelle: http://www.handelsblatt.com/pshb/fn/relhbi/sfn/buildhbi/cn/GoArt!200012,200039,1072423/SH/0/depot/0/deutsche-bank-startet-fulminant-ins-jahr.html)

    Wir brauchen keine neuen Wege der Studienfinanzierung, wir brauchen neue Wege der Geldverteilung 🙂

    Und warum soll jemand, der campt statt zu studieren dafür Geld bezahlen? Er kostet in dem Moment doch auch nichts?

  4. Christoph Says:

    Genau, wir verteilen das Geld von der DB zu den Studenten. Damit die restlichen DB-Mitarbeiter auch nach Hause gehen können. Und wir unser Geld wieder unter der Matratze lagern. Ein gut‘ Gewissen ist ein sanftes Ruhekissen.

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