Erlebnisdefizite

Ich hab ja doch mit 26 Jahren immer noch gehörige Erlebnisdefizite. Zum Beispiel war ich ja noch nie in Berlin. Echt. Noch nie. Auch in Hamburg war ich noch nicht, obwohl ich immerhin ziemlich früh geographische Detailkenntnisse erwerben konnte und wusste, dass es da irgendwo einen Stadtteil namens Altona gibt. Was es da gibt oder ob es da überhaupt irgendwas gibt, weiß ich bis heute nicht. Ich war auch überhaupt noch nie in Ostdeutschland, dafür aber schon in Prag, Pilsen und Petschau, was ja auch von hier aus Osten ist, nur eben nicht Deutschland. Richtig angeben kann ich nur damit, dass ich drei Monate in New York war. Na ja, Hoboken, New Jersey. Von da ist man aber ratzfatz in Manhattan und deswegen sag ich immer, dass ich in New York war, denn New York, das kennen alle und Hoboken nur Auserwählte.

Es ist also kaum zu leugnen, dass ich da bislang was verpasst habe. Vor allem, weil im Moment irgendwie alle nach Berlin fahren. Sogar meine Oma war neulich da. Nur ich noch nicht.

Deswegen hatten wir letztens sogar kurzfristig überlegt, ob wir vielleicht nicht doch zwischen Heiligabend und Neujahr nach Berlin fahren sollten. Damit ich auch mal selbst sehen kann, was das für eine komische Stadt ist. Alles groß, alles weit, alles viel, alles da. In Köln ist nämlich nix groß und weit, sondern alles irgendwie eng und zusammengeschustert und passte da gerade so hin. In New York ist auch nichts groß und weit, sondern eher hoch. Aber auch alles da.

Die Berlin-Pläne wurden dann spontan gekippt, weil wir jetzt zu Silvester nach Darmstadt fahren und mir Berlin und Darmstadt zu stressig vorkam. Darmstadt ist übrigens sehr schön. Da gibt’s ein Schloss und ein Freibad direkt am See und ein Hundertwasserhaus. Ich weiß das, weil ich in Darmstadt nämlich schon mal war. Ich war auch schon mal in Frankfurt, obwohl ich unsicher bin, was wir da eigentlich gemacht haben. In München war ich auch schon mal und hab mich verlaufen, weil ich mich geweigert habe, die Strassenkarte zu benutzen. In München war ich sehr irritiert, weil man, um vom Hauptbahnhof zur Fußgängerzone zu kommen, ernsthaft genötigt wurde, eine Straße zu überqueren. So einen Unfug gibt es in Köln nicht. Da ist der Bahnhof, dann kommt der Dom, dann kommt die Hohe Straße. Da sind keine Straßen dazwischen.

Aber wenn mich das in München schon irritiert, wie soll mir das dann in Berlin gehen, wo es doch überhaupt kein richtiges Zentrum gibt. Wie funktioniert so eine Stadt überhaupt? In Köln ist das klar. Im Süden ist Rodenkirchen, Im Westen alles Mögliche, im Norden ist Chorweiler und Aqualand und im Osten ist der ganze rechtsrheinische Kram. Klar. In der Mitte: Zentrum. Einkaufsstraßen. Ringe. Und der Dom. Deswegen kann man sich in Köln auch nicht wirklich verlaufen, weil man da nur wissen muss, dass da die Ringe sind, und wenn man von da aus tapfer stadteinwärts läuft, kommt man ziemlich sicher am Neumarkt oder am Dom raus. Und wenn da auch nach langer Zeit kein Neumarkt und kein Dom kommt, ist man stadtauswärts gelaufen.

In Berlin kann man sich bestimmt total super verlaufen. Nach Ostdeutschland komm ich dieses Jahr sogar noch. Und wenn alles gut geht, dann kann ich auch vor meinem 27. Geburtstag noch berichten, was denn an diesem Berlin noch so alles komisch ist.

Einer muss ja anfangen. to “Erlebnisdefizite”

  1. marcc Says:

    Darmstadt! Ich hätte beim Lesen des Blogeintrags ja nie gedacht, dass meine Heimatstadt und Residenz 😉 eine Erwähnung findet. Wenn Du magst kannst Du Dich ja melden wenn Du da bist. Es gibt auch noch das ein oder andere Café für ein Minimalbloggertreffen. 🙂

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