Was man so beim Podcastday 2006 erlebt, Teil I

Erstmal kann man eine Menge erleben, und das meiste davon war gut. Und was nicht gut war, war zumindest auf seine ganz eigene Weise interessant.

Es fängt damit an, dass ich mich natürlich tatsächlich auf dem Weg vom Bahnhof Deutz zu den Rheinparkhallen verlaufe, weil ich ebenso natürlich überhaupt keine Ahnung habe, wo das eigentlich ist und vereinfachte Karten nix für mich sind. Wenn das so aussieht, als wäre das direkt am Rhein, dann laufe ich halt ganz konsequent am Rhein lang in der Erwartung, dass ich dann quasi automatisch dagegen laufe.

Ich hab’s dann aber doch gefunden und nachdem mir meine Karte inkl. superhübschem QVC-Umhängebändchen, das nur deshalb ging, weil alle so eins hatten, und eine überaus schicke, in dezentem Knallorange gehaltene Tasche überreicht werden, kann ich mich endlich auf die Suche nach der Podcast-Ecke machen. Insgesamt hab ich mir das übrigens alles deutlich größer vorgestellt, wie so ziemlich jeder, den ich im Laufe des Tages noch darauf ansprechen werde. Aber na gut. Dafür kann man sich auch nicht ernsthaft verlaufen. Man kann nur was übersehen. Und selbst das ist schwer.

Ich kenne die couchpotatoes, den Gerrit van Aaken und noch ein paar andere, aber die kennen mich (noch) nicht. Insofern teile ich das grausame Los derer, die wie ich allein und unberühmt kommen, und stehe erstmal ein bisschen einsam und verloren rum. Das klappt erstaunlich gut, bis Pia und Christian kommen und ich zwar immer noch unberühmt, aber wenigstens nicht mehr allein bin.

Jetzt aber zum Programm. Als wir zum Begrüßungsansprachenkeynotedingens kommen, ist es schon rappelvoll, aber es gibt noch Plätze recht weit hinten, was wahrscheinlich ein Glück ist, da so die Chancen, dass Frau zu Salm unsere entgeisterten Minen sehen kann, gegen Null tendieren.

Noch drängender als die Frage, wer auf die Idee gekommen ist, die Frau zu Salm zur Keynote zu bitten, scheint mir die Frage, ob Frau zu Salm sich a) irgendwie vorbereitet hat und b) irgendeine Ahnung hat, wer da im Publikum sitzt. Noch viel drängender als diese Fragen scheint mir dann noch die Frage, warum sie nicht woanders hingegangen ist und anderen Leuten was anderes gesagt hat. Sie ist aber hier und sagt was zum Podcasten. Leider weiß ich nicht, was sie mir sagen will.

Ich teile übrigens die Meinung eines anderen Menschen, der nicht unbedingt zwangsweise von Frau zu Salm geduzt werden will. Man kann mich gerne duzen, nur scheint es mir angesichts des Anlasses doch ein wenig fehl am Platze. Da Frau zu Salm aber darauf besteht, dass wir uns alle ganz doll lieb haben, duzt sie ganz konsequent, weshalb sie auch im Folgenden ganz konsequent die Christiane ist. Wenn schon, denn schon.

Die Christiane hat mal das Wort Podcasten gehört. Stimmt aber so schon nicht, weil sie nie „podcasten“ sagt, sondern immer „podcasting“. Und „blogging“ und auch einmal „vlogging“, was besonders schlimm ist. Kommt vielleicht davon, dass sie ein Stipendium bekommen hat, um durch Amerika zu fahren und ebenso wichtige wie interessante Personen mit blöden und uninteressanten Emails und Fragen zu nerven.

Steve Jobs will sich nicht mit ihr treffen, dann aber doch, damit die Christiane ihn darauf aufmerksam machen kann, dass der iPod keine Suchfunktion hat und somit mit einer erstaunlichen Treffsicherheit beweist, dass sie das Konzept des iPods als einziger Mensch auf der Welt nicht verstanden hat. Nur für die Statistik: Ich will keine Suchfunktion für meinen iPod und ich kenn auch keinen, der eine will oder braucht. Aber gut.

Dann wird mit Gutenberg verglichen und direkt danach der Medien-Revolution durch Podcast und Blogs die Revolution wieder weggenommen und durch Entwicklung ersetzt. Was dann ja zusammen mit dem Gutenberg-Vergleich ein Widerspruch in sich ist, wie ich denke. Aber gut.

Ricky Gervais ist in Amerika total supergut dabei. Ich vermisse den Hinweis, dass der Herr Gervais Brite ist, und kann nur vermuten, dass die Christiane das nicht weiß. Oder aber – die Vermutung liegt nicht fern – in ihrer schier unglaublichen Mischung aus Optimismus, Euphorie und Enthusiasmus einfach vergessen hat, das zu erwähnen. Optimistisch ist sie nämlich, und euphorisch und enthusiastisch. So sehr, dass es nervt, zumal man auch die ganze Rede lang nicht erfährt, warum sie so wahnsinnig glücklich ist.

Nerven tut auch, dass sie immer nur von consumer-generated content spricht und nie, nie, nie von user-generated content, und eigentlich sagt das schon alles über die Christiane, was man wissen muss. Vielleicht bin ich ja auch empfindlich, aber ich bin doch lieber erstmal User und danach Consumer. Dabei bin ich sogar ziemlich gerne Consumer. Aber lieber User. Vor allem für die Christiane.

Dann wird ganz abrupt und unvorbereitet das Thema gewechselt und wenn ich mich nicht weigern würden, die Keynote nochmal als mp3 zu hören, müsste ich das jetzt eigentlich tun, weil ich bis jetzt nicht verstanden habe, was World of Warcraft mit Podcasts zu tun hat. Die Christiane findet WoW jedenfalls supermegaspitzenklassetoll und will wissen, wer das denn spielt. Ja, keiner hier. Das ist schade, aber irgendwie nicht überraschend. Erschreckend ist vielmehr das mich beschleichende Gefühl, dass die Christiane ernsthaft zu glauben scheint, dass es sowas wie WoW noch nie vorher gegeben hat. Im ganzen Universum. Aber gut.

Genauso supermegaspitzenklassetoll wie WoW findet sie auch die Bildungspodcasts, nur dass sie da tragischerweise keinen einzigen deutschen Bildungspodcast kennt, was mich wieder zurück zur Einstiegsfrage führt, wie sich die Christiane wohl auf ihren Vortrag vorbereitet hat. Mir fallen da spontan mindestens drei ein, und ich hab – trotz meiner eigenen Podcaster-Tätigkeit – keine Massen an Podcasts abonniert.

Zu sagen ist übrigens auch, dass der Herr Sixtus hier garantiert keine einzige Runde Buzzword-Bingo gewinnen könnte, weil die Christiane zwar ganz enthusiastisch mit Buzzwords nur so um sich schmeißt, die aber alle so klingen, als hätte sie sich die spontan ausgedacht. Es sei denn, es gibt eine Karte, wo überall nur „consumer-generated content“ draufsteht. Dann hätte man eine Chance.

Danach ist bald Schluss und wir werden kopfschüttelnd in die nächste Runde geschickt. Positiv ist zu vermerken, dass es jetzt ja eigentlich nur besser werden kann. Aber dazu später mehr.

Ach so. Vernetzen sollen wir Podcaster uns. Alle. Am besten sofort. Ich stelle mir das ein bisschen schwierig und der ganzen Sache nicht wirklich zuträglich vor. Reicht es nicht, wenn wir zunächst mal einfach nett zueinander sind? Ich entscheide mich für letzteres und beschließe, erstmal einfach nett zu sein. Auch wenn die Christiane will, dass ich mich vernetze.

Andere Berichte hier:
Mitschnitt Begrüßung und Keynote
Weblog zum Medienforum
Bluelectric
Couchpotatoes
Gerrit van Aaken
Peter Löser
The Lunatic Fringe

5 machen mit. to “Was man so beim Podcastday 2006 erlebt, Teil I”

  1. Bina Says:

    Schön! Warte schon auf die Fortsetzung…

  2. Andreas (dekaf) Says:

    fein geschrieben – und jetzt kennen wir dich ja auch und werden dich auch nie nie wieder bei einer begegnung alleine herumstehen lassen! versprochen!

  3. Christoph Says:

    Toller Schreibstil, gute „Story“. Ich kenne Deinen (Ihren? Oder sind wir lieb zueinander?) Podcast erst seit drei Tagen und bin schon begeistert. Aber das Blog ist fast noch besser. Bin schon gespannt auf die Fortsetzung.

    Als Podcast-Hörer, nicht Macher, wäre ich gern auch zum Podcastday gegangen, zumal ich in der Nähe Kölns wohne, aber der Eintritt war mir zu hoch angesichts der Erwartung, nur Podcast-Machern zu begegnen, die sich vermutlich eher unter sich austauschen wollten. War diese Einschätzung eigentlich richtig?

  4. Gunnar Says:

    Hallo
    Danke für den Bericht. Auch wenn ich nicht da war, die Atmosphäre dort ist spürbar. Zu Frau von Salm. Wenn man von „User Generated Content“ faselt, dann muss man diese Frau schon schief anschauen. Dieses Wort klingt so geldtriefend und „New Economyblasen“ mässig, das mir schon schlecht wird.

    Hinter den Podcast sitzen ja schliesslich noch Menschen und keine Maschinen. Und die Hörer sind ja auch noch denkende Wesen. Aber so richtig hineinversetzen kann ich mich auch noch nicht, da ich selbst keinen Podcast betreibe. Hatte bisher ehrlichgesagt den Mut nicht. Aber mal schauen 🙂

    Danke nochmal

    Gruss
    Gunnar

  5. Gunnar Says:

    Entschuldigung.
    Ich meinte „Consumer Generated Content“ nicht „User Generated Content“.

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